Im Folgenden finden Sie alle Antworten, der OB-Kandidat*innen auf den Offenen Brief der Initiative 6. April. Es haben (Stand 07.03.2023) fünf der sechs Kandidat*innen geantwortet. Der aktuelle OB Christian Geselle hat keine Antwort gesendet. Eine Kurzeinschätzung von uns finden Sie hier. Eine Pressemittelung finden Sie hier.
- Antwort von Violetta Bock (Die Linke Kassel)
- Antwort von Sven Schoeller (Bündnis 90/Grüne Kassel)
- Antwort von Isabel Carqueville (SPD Kassel)
- Antwort von Kühne-Hörmann (CDU Kassel)
- Antwort von Stefan Käufler
Antwort von Violetta Bock (Die Linke Kassel)
Ich teile die Forderungen und bin dankbar für jede Initiative, die bereits jetzt Opfer rechter Gewalt unterstützt und Aufklärung und Konsequenzen vehement einfordert.
Solidarität: Wir solidarisieren uns mit allen Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt und verlangen eine konsequente Aufarbeitung dieser. Natürlich gehört dazu auch, dass die Rolle von Angestellten von Regierungsorganisationen hinterfragt wird. Ob wir von Andreas Temme oder einzelnen Polizist*innen oder angeblichen Verfassungsschützer*innen reden. Hierfür fordern wie unabhängige Kontrollstellen all dieser Organe, um die Machenschaften strukturell rassistischer Gewalt in Regierungsorganisationen aufzudecken. Hierfür müssen rassistische Gewalttaten als solche benannt werden, um den strukturellen Rassismus dieser aufzuarbeiten. Dafür müssen wir mit Betroffenen reden und vor allem zuhören. Strukturen können nur verändert werden, wenn wir Betroffenen zuhören und daraus Handlungen ableiten, um rechte Gewalttaten und strukturelle Diskriminierung zu bekämpfen. Die Erfahrung mit Rassismus gehört leider für viele zum Alltag und beginnt schon etwa bei der Wohnungssuche oder der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Hierfür muss die Antidiskriminierungsstelle gestärkt werden. Eine mehrsprachige Verwaltung halte ich ebenfalls für sinnvoll, um Kassel als Stadt für alle Wirklichkeit werden zu lassen.
Klare Zeichen: Selbstverständlich gehören hierzu auch Denkmäler für Betroffene von rassistischer Gewalt. Ich unterstütze grundsätzlich die Umbenennung in Halitstraße. In der Vergangenheit wurde die Ablehnung auch mit dem Aufwand begründet, der damit verbunden ist. Ich könnte mir auch vorstellen, dass man ihn beziffert und mit diesen Mitteln in Absprache mit Familie und Initiativen abwägt, ob man damit etwa direkt den kommunalen Opferfonds u.Ä. startet. Eine Gedenkplakete am Startpunkt der Taxifahrt von B. Efe und für das Überleben halte ich ebenfalls für sinnvoll. Ich könnte mir vorstellen, dass man mit der Kunstuni eine geeignete Form finden kann und sie auch auf Strukturen hinweist, die Hilfe und Unterstützung anbieten.
Erinnern: Auch kann die Stadt durchaus finanziell und infrastrukturell Erinnerungstage unterstützen. Die Deutungshoheit über die Ausgestaltung muss dabei immer bei den Betroffenen, Angehörigen und Initiativen liegen. Eine Stadtverwaltung und Regierungsorganisationen können nur qualitativ wachsen, wenn sie sich der Kritik von Solidaritätsgruppen oder Betroffenenvertretungen stellen. Auch aus diesem Grund darf hier kein inhaltliches Einmischen seitens der Stadt passieren und ich würde mir sehr wünschen, dass auch die Stadt weiterhin auf Fehlverhalten aufmerksam gemacht wird. Grundsätzlich sollte die Stadt stets mit den engagierten Gruppen zu den Themen und mit den Betroffenen auf Augenhöhe über die Gestaltung von Gedenktagen einig werden. Erinnerungspolitik sollte jedoch auch immer in die Zukunft weisen. Daher sollten Veranstaltungen zu Themen wie Antirassismus und Erinnerungskultur und -politik nicht immer nur im Innenstadtzentrum stattfinden. Auch in Hort- und weiteren Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche sollte so etwas mehr Raum finden. Zur Erinnerungspolitik gehört auch das Gremium zur Überprüfung von Straßennamen endlich einberufen wird.
Direkt sprechen: Ja, und da können wir alle besser werden. Im letzten Jahr habe ich mich zwar mit Ahmed I. und B. Efe getroffen, letztendlich aber auch sehr spät. In beiden Fällen kam der Kontakt über Initiativen zustande, die Erstansprechpartner waren. Die Stärkung der Antidiskriminierungsstelle könnte hier dafür sorgen schneller direkt Kontakt aufzubauen. Betroffene möchte ich daher auch ermutigen, sich direkt an politisch Verantwortliche zu richten.
Opferentschädigungsfond: Nach einem Angriff ist schnelle unbürokratische Hilfe notwendig. Als Sofortmaßnahme halte ich einen solchen kommunalen Fonds zur Überbrückung für sehr sinnvoll, um Betroffenen schnell Handlungsfähigkeit und Solidarität zu geben. Gleichzeitig muss es für Betroffene von rechter Gewalt auch klare Hilfestellen und Ansprechpartner*innen bei der Stadt geben. In einer solchen Situation ist Unterstützung durch Personen mit Expertise unglaublich wichtig, die sie unterstützen Hilfen zu beantragen und die nötige Unterstützung hierfür, wie Anwälte oder Ähnliches, zu organisieren. Es gibt bereits Organisationen, die sich haupt- und ehrenamtlich eine solche Expertise angeeignet haben. Diese müssen wir viel stärker unterstützen. Ob so ein Fonds direkt bei der Stadt angesiedelt ist oder bei einer unabhängigen Initiative, die finanziell gefördert wird, müsste man weiter überlegen.
Rechte Netzwerke und Verhinderung weiterer Angriffe: Recherche und Aufklärung sind unerlässlich, um gegen rechte Strukturen vorzugehen. Gerade haben wir auch eine Anfrage zum Thema: https://linksfraktion-kassel.de/antraege-und-anfragen/2101-waffenerlaubnis-an-personen-aus-dem-neonazistischen-und-rechtsextremistischen-spektrum
Rechte, rassistische, sexistische, queerfeindliche und diskriminierende Gewalt sind ein großes Problem, welches bekämpft werden muss. Wir dürfen vor diesem Problem unsere Augen nicht verschließen. Struktureller Rassismus ist leider gesellschaftlich so weit verankert, dass es schwer ist dieses Thema nur auf kommunaler Ebene zu lösen. Hierfür brauchen wir die Unterstützung von Betroffenen, damit wir gemeinsam Lösungen finden können die Probleme auf der Ebene zu lösen, auf der wir handlungsfähig sind. Deswegen wünschen ich mir zur Aufarbeitung aber vor allem auch zur Prävention gemeinsame Strategien und Lösungsfindung zur Bekämpfung rechter Gewalt.
Die Friedrich-Ebert-Straße ist in den letzten Monaten immer wieder wegen rechter Gewalt in den öffentlichen Fokus gerückt. Hier sollten wir ansetzen Präventionskonzepte gemeinsam mit den Kulturbetrieben zu erarbeiten. Zunächst einmal braucht es eventuell Sozialarbeiter*innen auf der Friedrich-Ebert-Straße, die vor allem abends und nachts ansprechbar sind und Betroffene unterstützen und einen sicheren Raum anbieten, in den Betroffene sich zurückziehen könne, falls sie sich unwohl fühlen. Helfen können auch Antidiskriminierungsschulungen für alle Angestellten und die Erarbeitung von Schutzkonzepten. Hierfür brauchen wir Unterstützung von Organisationen, die in diesem Bereich ein Expert*innenwissen mitbringen, um diese Schulungen gewährleisten zu können.
Antwort von Sven Schoeller (Bündnis 90/Grüne Kassel)
1. Wie positionieren Sie sich zu unseren oben benannten Forderungen?
Zu 1) Kassel hat eine Geschichte und eine Gegenwart rechter Gewalt. Es ist eine wichtige politische Aufgabe, die Ereignisse, die in diesem Zusammenhang in unserer Stadt stattgefunden haben, nicht zu verdrängen, sondern immer wieder in das Bewusstsein der Menschen zu holen. Dazu gehört Eindeutigkeit in der Aufklärung. Ich stimme Ihnen daher zu, dass eine Gedenktafel, die Walter Lübcke als Opfer einer politischen Tat bezeichnet, nur die halbe Wahrheit offenbart. Er wurde Opfer einer rechtsradikal motivierten Tat.
Zu 2) Es ist die Aufgabe der Stadt, klare Haltung gegen jede Form des Rechtsextremismus zu zeigen. Dies kann in verschiedenen Formen erfolgen: Straßen- und Platzbenennungen, Gedenktafeln, -plaketten, Skulpturen, Bilder, Ausstellungen, Lernorte usw.
Zum Gedenken an Halit Yozgat wurde der Halitplatz benannt. Die Umbenennung der Holländischen Straße wäre mit erheblichen Problemen verbunden, da es sich um eine sehr lange Straße mit sehr vielen (Geschäfts-)Adressen handelt. Ich bin nicht der Meinung, dass für ein mahnendes Andenken an die Tat und ein würdiges Erinnern an Halit Yozgat die Umbenennung der Holländischen Straße zwingend wäre. Ich unterstütze das Anliegen einer Installation zum Gedenken an Halit Yozgat und Walter Lübcke als Opfer rechtsradikaler Gewalt in Kassel auf dem Regierungspräsidium.
Die Aufklärung der Rolle von Andreas Temme wäre überaus wünschenswert. Allerdings müssen wir erkennen, dass weder ein Oberlandesgericht, noch ein Untersuchungsausschuss letzte Aufklärung hierüber bringen konnten. Ich sehe nicht, dass die Stadt Kassel in Hinblick darauf über bessere Möglichkeiten verfügt als das Oberlandesgericht München und der Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags.
Eine Gedenkplakette zur Erinnerung an die rechtsradikal motivierte Tat zu Lasten des Mietwagenfahrers B. Efe, der hierdurch schwer und dauerhaft verletzt wurde, unterstütze ich.
Zu 3) Ich finde es richtig, zu den Jahrestagen in angemessener Form an die Ereignisse zu erinnern. Soweit es finanzielle Unterstützung angeht, muss abgeklärt werden, wer diese Unterstützung erhalten soll und wofür sie konkret zu leisten ist.
Zu 4) Sofern mir die Wähler*innen ihr Vertrauen schenken, wird es mit mir als Oberbürgermeister kein Opfer und keinen nahen Angehörigen einer rechtsradikal motivierten Gewalthandlung in dieser Stadt geben, der nicht meinen ganz persönlichen Beistand erhält, wenn der Wunsch hierzu besteht.
Zu 5) Ich sehe ein angemessenes Opferentschädigungsrecht als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe an. Es handelt sich um eine allgemeinpolitische Fragestellung, die meines Erachtens nicht in der Regelungskompetenz einzelner Kommunen liegt. Opferentschädigung muss zur Gewährleistung gleicher Rechtsverhältnisse in Deutschland auch bundesweit geregelt werden. Das bereits beinahe 50 Jahre alte Opferentschädigungsgesetz hat viele Schwächen auch im Vollzug. Die Antragsverfahren sind kompliziert und langwierige Einholung von Gutachten belasten die Anspruchsteller*innen zusätzlich. Hier wäre eine Reform mit deutlichen Verfahrensvereinfachungen wünschenswert. Außerdem müssen Opfer in angemessener Form über ihre Ansprüche aufgeklärt werden. Das geschieht sinnvoller Weise bei der Polizei, da Opfer mit der Polizei ohnehin in Kontakt treten. Hier muss eine Beratung gewährt werden, die über das Aushändigen von Kleingedrucktem hinausgeht.
Zu 6)
Das Ausheben rechter Netzwerke und die Sicherstellung illegalen Waffenbesitzes ist Aufgabe der Polizei- und Sicherheitsbehörden.
2. Planen Sie sich im Rahmen ihrer Amtszeit für die Umbenennung der Holländischen Straße in Halitstraße einzusetzen, wie bereits seit Jahren von der Familie Yozgat gefordert?
S.o.
3. Wie soll für Sie die Unterstützung von Betroffenen und Überlebenden rechter Gewalt in Kassel zukünftig konkret aussehen?
Betroffene rechtsradikaler Anschläge werden in mir als Oberbürgermeister jederzeit einen persönlichen Ansprechpartner finden, der seine jahrzehntelange Erfahrung als Rechtsanwalt und sein Amt und sein Netzwerk dazu nutzen wird, in jedem einzelnen Fall die individuell gebotene Hilfe zu vermitteln. Die Stadt Kassel wird ein würdiges und mahnendes Andenken an die Opfer und an die Taten praktizieren. Die Stadt Kassel wird Initiativen unterstützen, die sich dieser wichtigen Aufgabe annehmen.
4. Was wollen Sie zukünftig zu einem würdigen Gedenken an rechte Taten in Kassel beitragen und welche Erinnerungspolitik wollen Sie verfolgen?
Wie bereits oben dargelegt, gibt es vielfältige Formen des Erinnerns. Wir werden diese Formen befördern. Besonders wichtig sind mir Lernorte in und außerhalb von Museen. Die Tatorte müssen ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden. Und es sollte meines Erachtens keine Schulklasse in der Stadt Kassel geben, die sich nicht mit den konkret hier vor Ort in Geschichte und Gegenwart erfolgten rechtsradikalen Gewalttaten befasst hat.
5. Wie planen Sie, die finanzielle Absicherung von Überlebenden rechter Taten zukünftig zu gewährleisten?
Wie oben ausgeführt, handelt es sich meines Erachtens um eine allgemeinpolitische Aufgabe, die bundeseinheitlich zu regeln ist.
6. Was wollen Sie zukünftig präventiv unternehmen, um weitere rechte Taten zu verhindern? Z.B. im Bereich der Friedrich-Ebert-Straße, wo es in den vergangenen Monaten immer wieder zu rassistischen Angriffen gekommen ist.
Prävention ist eine gesellschaftliche und eine polizeiliche Aufgabe. Langfristig sollte eine lebendig gehaltene Erinnerungskultur und eine klare Haltung gegen Hass, Hetze und Diskriminierung hoffentlich auch dazu beitragen, dass Taten verhindert werden. Kurzfristig müssen Vorfälle, die sich in unserer Stadt ereignen, einer strafrechtlichen Ahndung zugeführt werden. Außerdem müssen wir natürlich Schwerpunkte, in denen sich Vorfälle im Sinne krimineller Handlungen häufen, verstärkt in den Fokus polizeilicher Präsenz gerückt werden.
Antwort von Isabel Carqueville (SPD Kassel)
Sehr geehrte Menschen der Initiative 6. April,
vielen Dank für eure Anfrage und euer Engagement. Anbei meine Antworten
1. Wie positionieren Sie sich zu unseren oben benannten Forderungen?
Deutschland hat eine erhebliche Bringschuld gegenüber den Opfern rechter und faschistischer Gewalt und Herrschaft in den letzten 100 Jahren. Das betrifft sowohl die Ehrung, die Anerkennung ihres Leids und die materielle Entschädigung. Ich nenne die deutschen Spanienfreiwilligen, die ausländischen Zwangsarbeiter, die Zwangsarbeit in den KZ, Kommunist:innen, Widerstandskämpfer:innen, Homosexuelle, die aus „rassischen“ Gründen verfolgten Juden und Sinti und Roma. Erst jetzt werden die KZ-Gefangenen „Schwarzer Winkel“ und „Grüner Winkel“ anerkannt. Dazu kommen jetzt die Opfer neurechter Gewalt in den letzten 30 Jahren.
Das betrifft aber auch die tagtägliche Arbeit der politischen Vertreter:innen im Rathaus. Es wäre aus meiner Sicht unbedingt angebracht, zeitnah nach rassistisch motivierten Gewalttaten von Seiten des Rathauses aktiv den Kontakt zu den Betroffenen und deren Familien zu suchen. Und sei es nur, um von Mensch zu Mensch zu fragen: Wie geht es euch? Was habt ihr erlebt? Das wäre das Mindeste.
Denn die Politik, auch in Kassel, redet finde ich zu oft “über” die Betroffenen und zu selten mit ihnen. Ich habe deshalb auch in meinem Wahlkampf zusammen mit vielen Genossinnen und Genossen der SPD Kassel einen Schwerpunkt darauf gelegt, einen Straßen- und Häuserwahlkampf ganz bewusst in Quartieren mit einem hohen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund zu organisieren. Es geht mir dabei nicht darum, den Menschen Versprechungen zu machen oder zu sagen, was sie brauchen. Ich will, dass wir aufeinander zugehen und einander zuhören, und dafür will ich stets auch als Oberbürgermeisterin den ersten Schritt machen.
2. Planen Sie sich im Rahmen ihrer Amtszeit für die Umbenennung der Holländischen Straße in Halitstraße einzusetzen, wie bereits seit Jahren von der Familie Yozgat gefordert?
Ich kann eine Umbenennung nicht befürworten:
* die Holländische Strasse als historische bedingter Straßenname ist identitätsbildend für den gesamten Stadtteil Holland/Nordstadt
* der Oberbürgermeister an sich ist für die Namensgebung nicht zuständig; als belastender Verwaltungsakt steht allen Anwohner das Widerspruchsrecht zu. Ich fände es verheerend, wenn dann deswegen eine Umbenennung nicht möglich wird
* angesichts der vielen Opfergruppen ist das Gleichgewicht der Opfergruppen zu berücksichtigen (siehe z.B. Erzbergerstrasse und Rathenauplatz )
* es wäre zu bedenken, ob eine neue Straße benannt wird; dabei muß der Grundsatzbeschluß berücksichtigt werden, dass bei Neubenennungen Frauen bevorzugt werden sollen. Zuletzt wurden die Anne Seghers und die Joe Cox Strasse benannt.
3. Wie soll für Sie die Unterstützung von Betroffenen und Überlebenden rechter Gewalt in Kassel zukünftig konkret aussehen?
Mit der Ablehnung weiterer Genehmigungen für Veranstaltungen der Waffenbörse hat die SPD-Fraktion und der Magistrat einen wesentlichen Beitrag geleistet.
Gleichfalls hat die SPD-Fraktion eine Anlaufstelle einrichten wollen. Im Zuge der Beratungen und der Beschlußfassung ist durch Anträge der Grünen und der Linken diese Stelle leider verkürzt worden auf eine Antidiskriminerungsstelle. Und den grünen Dezernentinnen ist in den letzten 2 Jahren leider nichts gelungen, um diese bereits beschlossene Stelle einzurichten und zum Arbeiten zu bringen.
4. Was wollen Sie zukünftig zu einem würdigen Gedenken an rechte Taten in Kassel beitragen und welche Erinnerungspolitik wollen Sie verfolgen?
Mit dem 2012 gefaßten Beschluss der Stadtverordnetenversammlung für die Stolpersteine, der Benennung der H. Y. Platzes und der jährlichen Veranstaltungen dort, der Stiftung des Demokratiepreises und aktuell dem Antrag der SPD/Linken, Hindenburg zu entehren – ist Kassel, mit den jährlichen Veranstaltungen am Ehrenmal im Fürstengarten, in Wehlheiden und Wilhelmshöhe, der Überprüfung von Straßennamen, auf einem guten Weg.
Einträge in städtischen Medien stehen immer unter Verantwortung des Magistrats – da der Magistrat und die Verwaltung auch für Einträge haften. Das wird leider nicht anders gehen.
Wo die Kommunikation mit Betroffenen, die Ehrung von Betroffenen und auch die Opferfonds auf Bundes – und Landesebene verbessert werden können, werde ich immer offen sein, mich dafür einzusetzen und den ersten Schritt dafür zu gehen.
5. Wie planen Sie, die finanzielle Absicherung von Überlebenden rechter Taten zukünftig zu gewährleisten?
Ein Opferfond kann leider nicht von einer Oberbürgermeisterin eingerichtet werden. Hier geht das Haushaltsrecht der Stadtverordnetenversammlung vor. Als freiwillige Leistung wäre er immer von der Haushaltslage und der Genehmigungslage abhängig. Und ein solcher Fonds muß immer genehmigungs – und revisionssicher angelegt sein. Davon wäre die Ausgestaltung eines solchen Fonds abhängig.
6. Was wollen Sie zukünftig präventiv unternehmen, um weitere rechte Taten zu verhindern? Z.B. im Bereich der Friedrich-Ebert-Straße, wo es in den vergangenen Monaten immer wieder zu rassistischen Angriffen gekommen ist.
Bei der Bekämpfung rechter Gewalt muß beachtet werden, dass die Prävention und die Verfolgung von Straftaten immer Aufgabe der Landespolizei und der Justiz. Hier könnte ich als Oberbürgermeisterin nur begleitend tätig werden.
Herzliche Grüße
Dr. Isabel Carqueville
Antwort von Kühne-Hörmann (CDU Kassel)
Sehr geehrte Damen und Herren der Initiative 6. April, haben Sie vielen Dank für Ihren Brief. In dem von CDU, Grünen und der FDP im Dezember 2022 abgeschlossenen Koalitionsvertrag für die Stadtverordnetenversammlung, den ich verhandelt habe und dem ich auch zugestimmt habe, finden sich folgende Passagen, die Leitlinie für die von Ihnen gestellten Fragen sind. „Wir wollen die Gedenkveranstaltungen für NSU-Opfer unter Federführung von Stadt und Land so weiterführen, dass ein würdiges Gedenken in enger Abstimmung mit der Familie sichergestellt ist. Wir kämpfen konsequent gegen Rechtsextremismus und setzen hierfür auch auf geeignete Präventionsarbeit. Insbesondere setzen wir uns für Gedenk- und Lernorte gegen Hass und Hetze ein. Die Landesprogramme gegen Extremismus, insbesondere Rechtsextremismus und andere verfassungsfeindliche Bestrebungen werden wir noch stärker in Kassel nutzen. Wir richten eine Diskriminierungsstelle ein.“ Für mich ist und war es immer eine Selbstverständlichkeit in unserem Rechtsstaat den Rechtsextremismus mit aller Kraft zu bekämpfen und sich besonders um die Opfer und Ihre Familien und Angehörigen und Freunde zu kümmern. In Kassel müssen wir die Präventionsangebote ausbauen. In Hessen gibt es inzwischen einen neuen Opferfond für Betroffene, den ich als Justizministerin mit auf den Weg gebracht habe sowie eine Opferbeauftragte, die Ansprechpartner für alle Fragen ist. Die Umbenennung der Holländischen Straße halte ich nicht für sinnvoll. Das Gedenken an Halit Yozgat wird immer in unseren Gedanken präsent sein und wir werden auch dafür sorgen, daß zukünftige Generationen sich an ihn erinnern werden. Mit Freundlichen Grüßen Eva Kühne- Hörmann
Antwort von Stefan Käufler
Hallo,
ich habe eure Anfrage gelesen, überlegt, abgewogen, überlegt, usw.
Wie schon bei den Anfragen zum Thema Rassismus, der Anfrage von faX Kassel (Thema sexualisierte Gewalt) und der Mitglieder der Mensch zuerst Gruppe habe ich mich entschieden hier nicht satirisch zu arbeiten. (Ich weiß, auch wieder eine Form der Ausgrenzung) Schon der Gedanke in der Klammer zeigt die Vielschichtigkeit und Komplexität des Themas, dessen ich in diesem Format niemals gerecht werden könnte.
Ich hoffe, dass ihr bei den anderen Kandidaten mit euren Anliegen Gehör finden werdet.
Macht bitte weiter mit eurer Arbeit, denn sie ist wichtig.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Käufler
(privat, keine PARTEI)